1. Was sollten Sie tun, wenn Ihnen der Arbeitgeber eine Abmahnung zugestellt hat?
Als erstes sollten Sie Ruhe bewahren, eine Abmahnung ist keine Kündigung. Sie ist sozusagen die gelbe Karte und noch kein Platzverweis.
Atmen Sie einmal tief durch und lassen Sie sich zu keinerlei unbedachten Äußerung hinreißen. Unterschreiben Sie auf keinen Fall eine Bestätigung der Ihnen gegenüber erhobenen Vorwürfe.
Manche Arbeitgeber setzten eine Frist, um eine Stellungnahme Ihrerseits zu erhalten. Sie sind aber in keiner Weise verpflichtet, eine Stellungnahme, in welcher Form auch immer, abzugeben und entsprechende Fristen sind für Sie nicht bindend.
2. Was ist denn nun eine Abmahnung?
Eine Abmahnung ist die Rüge eines Vertragsverstoßes, den eine Vertragspartei der anderen vorwirft. Auch der Arbeitnehmer kann also den Arbeitgeber abmahnen, zum Beispiel bei Zahlungsverzug des Gehaltes. In der Regel rügen aber die Arbeitgeber ein Fehlverhalten ihrer Arbeitnehmer durch eine Abmahnung.
Eine Abmahnung ist in den meisten Fällen Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Nur bei sehr schweren Vertragsverstößen kann der Arbeitgeber eine außerordentliche und fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung aussprechen.
3. Rechtliche Voraussetzungen für eine Abmahnung
Eine im rechtlichen Sinne wirksame Abmahnung muss drei Voraussetzungen erfüllen.
Erstens muss das abzumahnende Verhalten so präzise wie möglich beschrieben werden. Unter anderem muss Datum und Uhrzeit des Vertragsverstoßes angeben werden. Zum Beispiel: Sie haben am dd.mm.jjjj die Mittagspause um eine viertel Stunden überzogen. Pauschalisierte Angaben, wie häufiges Überziehen der Mittagspause, reichen nicht für eine rechtswirksame Abmahnung.
Zweitens muss das Verhalten des Arbeitnehmers deutlich als Vertragsverstoß gerügt werden und der Arbeitnehmer muss aufgefordert werden, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Drittens muss der Arbeitgeber deutlich machen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Wiederholung des Verstoßes mit einer Kündigung zu rechnen hat.
4. Ist eventuell eine Entschuldigung sinnvoll?
Nachdem Sie nun einmal tief durchgeatmet haben, lesen Sie sich die Abmahnung und die darin enthaltenen Vorwürfe genau durch. Es ist häufig nicht genau ersichtlich, inwieweit die ausgesprochen Abmahnung berechtigt oder unberechtigt ist. Manchmal legen die Arbeitgeber ein unkorrektes Verhalte sehr eng aus und schreiben direkt eine Abmahnung, obwohl eine Ermahnung ausgereicht hätte, um dem Mitarbeiter sein Verhalten deutlich zu machen.
In so einem Fall können Sie die Situation entschärfen, in dem Sie sich vorbehaltlich entschuldigen. Sollten Sie zum Beispiel wegen eines Fehlverhaltens einer Kollegin oder einem Kollegen gegenüber abgemahnt worden sein, so könnten Sie sich wie folgt entschuldigen:
„An den genauen Vorfall kann ich mich nicht erinnern, aber sollte Kollege Müller sich durch meine Äußerungen verletzt gefühlt haben, so tut mir dies leid. Dies war nicht meine Absicht und ich bitte um Entschuldigung.“
5. Fakten und Beweise sammeln
Häufig wird eine Abmahnung wegen angeblichem Leistungsmangel, unzureichender Arbeitsergebnisse oder nicht termingerechte Erledigung ausgesprochen.
Arbeitnehmer werden dem häufig entgegenhalten, dass sie permanent einer Arbeitsüberlastung ausgesetzt sind und die gewünschten Ergebnisse gar nicht erbringen konnten. Eine solche Behauptung muss aber bei einem eventuellen Kündigungsschutzprozess belegt werden.
Es empfiehlt sich daher, alle Tätigkeiten und Aufgaben, die einem zugewiesen sind, zu dokumentieren um so eine Überlastung nachvollziehbar zu machen. Die tägliche Dokumentation der eigenen Arbeiten und Tätigkeiten ist grundsätzlich zu empfehlen. Dies gilt besonders für Berufe, die ein erhebliches Maß an Eigenverantwortung mit sich bringen. Kommt es dann eines Tages zu Unstimmigkeiten und einer Abmahnung, dann kann man belegen, dass man in den letzten Jahren immer seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nachgekommen ist und ggf. darüber hinaus mehr geleistet hat als nötig war. Solche Unterlagen können in einem Kündigungsschutzprozess Gold wert sein.
Es empfiehlt sich in einer solchen Situation auch, mit den Kollegen über mögliche Engpässe wie Urlaub, Krankheit oder Abzug von Mitarbeitern aus dem Projekt zu reden und dies zu dokumentieren.
6. Ist eine Gegendarstellung sinnvoll?
Bei einer erfolgten Abmahnung haben Sie die Möglichkeit und auch das Recht, eine Gegendarstellung zu verfassen und sie der Personalakte beizufügen. Ob dies immer sinnvoll ist sollte man hinterfragen. Für sich selbst erst einmal die Gegenargumente zu sammeln und schriftlich festzuhalten ist in jedem Fall sinnvoll. Dies hilft Ihnen zu beurteilen, inwieweit die ausgesprochene Abmahnung sachlich richtig oder unrichtig ist und ob es angebracht ist, eine Gegendarstellung zur Personalakte hinzufügen zu lassen.
Sollte beispielsweise, die ausgesprochene Abmahnung den oben genannten rechtlichen Kriterien nicht entsprechen, so wäre es taktisch unklug den Arbeitgeber durch eine Gegendarstellung auf seine formalen Fehler hinzuweisen. Er braucht dann ja nur eine formal korrekte Abmahnung hinterher zu schicken um eine spätere verhaltensbedingte Kündigung vorzubereiten.
7. Lassen Sie sich durch einen Anwalt beraten
Wenn Sie überzeugt sind, dass die Abmahnung sachlich oder inhaltlich falsch ist, empfehle ich Ihnen, die Abmahnung durch einen Fachanwalt prüfen zu lassen. Genügt die Abmahnung schon den formal juristischen Ansprüchen nicht und können Sie auch noch belegen, dass diese Abmahnung sachlich falsch oder unbegründet ist, sind dies wichtige Informationen für Ihr weiteres Vorgehen.
An dieser Stelle kann ich Ihnen noch eine weitere Möglichkeit anbieten. Als ausgebildete Mediatorin bin ich darin geschult, in Konfliktsituationen zu vermitteln und zu schlichten. Häufig ist durch die Konfliktsituation die Kommunikation zwischen den Parteien gestört. Vieles läuft auf einer emotionalen Ebene ab und es fällt schwer, auf die sachliche Ebene zurück zu finden. An dieser Stelle setze ich als Mediatorin an und versuche, beide Seiten an einen Tisch zu bekommen und in einem moderierten Gespräch eine gemeinsame Lösung zu finden.
Im günstigsten Fall zieht der Arbeitgeber die Abmahnung zurück, oder es wird aus der Abmahnung eine Ermahnung gemacht, da der Arbeitgeber einsieht, dass er mit einer Abmahnung über das Ziel hinaus geschossen ist. Selbst wenn man keine Einigung erzielt, kann ein solches Gespräch zur Versachlichung beitragen und Ihnen helfen, die Situation besser einzuschätzen.
8. Soll ich gegen eine Abmahnung klagen?
Bei dieser Frage gibt es kein klares „Ja“ oder „Nein“ sondern ein „eher nicht“. Ob eine Klage sinnvoll ist, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Bevor Sie den Klageweg beschreiten, sollten Sie unbedingt einen Fachanwalt konsultieren und sich beraten lassen.
In den meisten Fällen wird eine Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nicht vernünftig sein. Wenn Sie sich ganz sicher sind, dass die Abmahnung offensichtlich zu Unrecht ausgesprochen wurde und Sie sogar Fakten haben, die das belegen, kann eine Klage angebracht sein.
Es gilt aber immer zu bedenken, dass man den Arbeitgeber beziehungsweise die handelnden Personen, wenn die Klage erfolgreich war, bloßstellt. Je nachdem wie diese Personen aufgestellt sind, kann das bedeuten, dass Sie ab jetzt als Querulant angesehen werden und man nun erst recht versucht, Sie aus dem Betrieb zu drängen. In einem solchen Fall hätten Sie dann nichts gewonnen, sondern das Risiko einer Kündigung würde für Sie steigen.
9. Soll ich den Betriebsrat oder Personalrat einschalten?
Gibt es in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat oder Personalrat, dann können Sie diesen einschalten und sich über die Abmahnung beschweren. Ob dies zu empfehlen ist hängt von mehreren Faktoren ab.
Ist Ihr Betriebs- oder Personalrat sehr verhandlungsstark und begünstigen betriebliche Abläufe gegebenenfalls solche Fehler, dann hat der Betriebs- oder Personalrat die Möglichkeit, darauf zu drängen, dass die betrieblichen Abläufe angepasst werden und im gleichen Zug kann er auch die ggf. ungerechtfertigte Abmahnung ansprechen.
Wenn Sie den Eindruck haben, Ihr Betriebs- oder Personalrat ist sehr schwach, oder Sie wissen, dass die Abmahnung nicht ganz ungerechtfertigt ist, dann ist es nicht empfehlenswert, den Betriebs- oder Personalrat zu Rate zu ziehen. Es gehört nämlich nicht zu den gesetzlichen Aufgaben eines Betriebs- oder Personalrates, Rechtsberatung in arbeitsvertraglichen Dingen zu erteilen.
Zusammengefasst sind folgende Punkte bei einer Abmahnung zu berücksichtigen:
- Ruhe bewahren, es ist erst die gelbe Karte.
- Keine unbedachten Äußerungen von sich geben.
- Nichts unterschreiben, was im Entferntesten wie eine Einverständniserklärung aussehen könnte.
- Die Vorwürfe in Ruhe und genau durchlesen.
- Informationen und Fakten gegen die erhobenen Vorwürfe sammeln und dokumentieren.
- Eine Gegendarstellung verfassen, auch wenn man sie dem Arbeitgeber nicht vorlegt.
- Rat eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht einholen.
- Dem Arbeitgeber ein von einem erfahrenen Mediator geführtes Konfliktgespräch anbieten.
- Mit einem Fachanwalt prüfen, ob eine Klage auf Entfernen der Abmahnung aus der Personalakte angeraten ist.
- Überlegen, ob der Betriebs- oder Personalrat eingeschaltet werden soll.
Wie kann ich Ihnen dabei helfen
Als Fachanwältin für Arbeitsrecht und als ausgebildete Mediatorin berate ich Sie in allen Fällen des Arbeitsrechts in Aachen und der Region. Unser gemeinsames Ziel sollte sein, kostenintensive Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und zu möglichst einvernehmlichen Lösungen zu kommen.
Es stellt sich immer wieder heraus, dass Lösungen die im Rahmen von Mediationen gefunden werden, langfristig meist dauerhafter sind als gerichtliche Entscheidungen. Denn vor Gericht werden zwar juristische Ansprüche durchgesetzt, aber keine persönlichen Bedürfnisse und Interessen berücksichtigt.